23.8.06

Wettbewerb in Gottes Reich

Manchmal ist es gut, wenn ein Spendenwerk weniger Spenden bekommt. Manchmal ist es gut, wenn ein Spendenwerk deshalb Mitarbeiter auf die Straße setzen oder gar den ganzen Laden dicht machen muss. „Grausam, das ist doch unchristlich, dass kann niemals Gottes Wille sein!“, schreien manche entsetzt bei dieser Behauptung auf.

Doch lassen sie mich erklären, was ich meine: Wir haben vorher festgestellt, dass jedes Spendenwerk nur Haushalter von Gottes Ressourcen ist. Die Mittel, die ein Spendenwerk bekommt, gehören nicht dem Werk – sondern Gott allein. Wir sollen „gute Haushalter“ sein, wie wir im Gleichnis von den anvertrauten Geldern in Lukas 19, 11-27 lesen: Gott will, dass wir das Kapital gewinnbringend für sein Reich einsetzen.

Lassen Sie uns mit dieser Anforderung im Hinterkopf zwei zur Veranschaulichung ausgedachte Beispiele von besonders gesegneten christlichen Missionswerken anschauen:
Das erste Werk heißt „Süddeutsche Zeltmission“. Gott nutzte dieses Werk, um tausende von Menschen zum Glauben zu bringen. Es wurde in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts gegründet von Fritz Diefenbacher auf der schwäbischen Alb. Diefenbacher hatte als frommer Pfarrer eine lebendige Gemeinde. Doch wenn er durchs Städtchen lief, begegneten ihm immer so viele Menschen, die Sonntags nie unter seiner Kanzel saßen. Darüber ärgerte er sich. Er ging der Frage nach und merkte, dass diese Leute am Sonntag lieber zum Sportverein oder zum Wanderverein gingen (beides galt damals als modern und fortschrittlich), weil sie Kirche als das empfanden, was wir heute „uncool“ nennen würden.

Er überlegte, was er tun konnte, um an einem „coolen“ Veranstaltungsort und eine „coole“ Missionsveranstaltung abhalten zu können. Und so organisierte er auf der großen Wiese mitten im Städtchen eine Woche mit Freiluft-Vortragsabenden zum Thema „Wie kann ich glücklich werden“. Dazu backte der Frauenkreis eine Menge Kuchen und der Posaunenchor spielte – nach langen Diskussion – sogar ein paar fetzige Volkslieder vorne weg. Die Evangelisation war ein großer Erfolg. Die Veranstaltung inmitten der Stadt war für niemand zu übersehen. Die ganze Stadt redete darüber, was da die Kirche auf die Beine gestellt hat. Alle kamen und wollten sich das anschauen. Der Herr segnete diese Veranstaltung und viele Menschen erlebten Gemeinde und den Glauben als nicht veraltet, sondern aktuell und nahmen Gott für ihr Leben an. Einige Kirchenbänke mehr waren nach dieser Veranstaltung gefüllt.

In der zweiten Woche änderte sich das Wetter und ab da schüttete es wie aus Kübeln vom Himmel. Frustriert realisierte der schwäbische Pfarrer, dass die Freiluftvortragsreihe so zu Ende war. Doch Diefenbacher wäre nicht Diefenbacher, wenn er nicht auch dafür eine Idee gehabt hätte. Nach Gebet und einer langen Diskussion im Rat der Kirche mietete die Gemeinde ein großes Zelt. Und sie war selbst vom Erfolg überrascht, denn nun hatten sie einen noch „cooleren“ Veranstaltungsort, an den die Menschen gerne kamen. Die umliegenden Gemeinden waren beeindruckt, stellten bei sich auch ein Zelt auf und luden Diefenbacher ein, die gleichen Vorträge auch bei ihnen zu halten. Und der Herr segnete diese Arbeit mit vielen Bekehrungen.
Jeden Sommer tourte Diefenbacher durch noch mehr Orte mit seiner „Zeltmission“ über die schwäbische Alb. Irgendwann stellte ihn die Kirche vom Gemeindedienst frei und Diefenbacher baute vollzeitlich die „Süddeutsche Zeltmission“ auf.

In den sechziger und siebziger Jahren boomte die Zeltmission. Mittlerweile besaß die Mission fünf riesige Zelte und beschäftigte sechs Evangelisten plus freie Evangelisten. Zwanzig feste Mitarbeiter in der Zentrale wurden im Sommer von Saisonarbeitern und einem Heer von Freiwilligen unterstützt. In den Hochzeiten wurde Diefenbacher und seine Kollegen sogar ins Erzgebirge oder nach Österreich eingeladen. Die „Süddeutsche Zeltmission“ war bei Gemeinden in ganz Süddeutschland für ihre segensreiche Arbeit bekannt. Jede Kirchengemeinde sammelte ihre Kräfte, um im Sommer einmal so eine Zeltwoche durchführen zu können. In jeder süddeutschen Gemeinde lasen zahlreiche Gemeinemitglieder den „Zeltboten“, der aus dem Spendenrundbrief von Fritz Diefenbacher entstanden ist und den mittlerweile 2 hauptamtliche Mitarbeiter produzierten. 1976 hab Diefenbach den Vereinsvorsitz an Jakob Müller weiter, der ihm schon als Jugendlicher freiwillig beim Zeltaufstellen geholfen hat und über die Jahre ein enger Helfer von Fritz Diefenbacher geworden war. So war gewährleistet, dass alles im Sinne Diefenbachers weitergeführt wurde.

Als 1982 eine Gemeinde vorschlug, bei einer „Jugendevangelisationswoche“ statt wie üblich den Jugendchor die neu gegründete Jugendkapelle einzusetzen, die ihre (unverzerrten!) Gitarren an einen elektrischen Verstärker angeschlossen hatten und die mit Schlagzeug neue, ungewohnte Lieder spielte („Ins Wasser fällt ein Stein“ und ähnliche), verbot das die Süddeutsche Zeltmission. Der Vorstand sagte, man könne nicht eine Veranstaltung machen, um die Menschen dem Teufel zu entreißen – und dabei selbst Musikinstrumente verwenden, mit denen sonst „Teufelsmusik“ gespielt würde. Außerdem erinnerten sich die Verantwortlichen an einen Ausspruch des mittlerweile zu Gott heimgekehrten Diefenbachs, der 1956 einmal gesagt hatte, der Posaunenchor und der Jugendchor wäre für die Missionswoche der perfekte Mittelweg zwischen Kirchenorgel und weltlicher Blaskapelle.

1994 erlaubte dann auch die Zeltmission das Schlagzeug. Dafür hatte sich der junger Evangelist Thomas Meyer eingesetzt, der neu im Evangelisations-Team der Zeltmission war. Zu dem Zeitpunkt stagnierte der Besuch der Zeltmissionen schon einige Jahre. Die Mission im Zelt lockte immer weniger Menschen an, der die große Menge an treuen Unterstützer, die das Werk in besseren Tagen gewonnen hatte, ließ die Süddeutsche Zeltmission zumindest finanziell nicht darben.

Dem neuen Evangelisten Meyer lag die Jugend besonders am Herzen. Deshalb konfrontierte er den Vorstand mit einer noch viel ambitionierteren Idee: Ob es nicht an der Zeit wäre, dass die Zeltmission völlig neue Wege beschreiten sollte. Wäre gerade nicht die Jugend über ein christliches Rockkonzert mit Kurzpredigt viel eher hinter dem Fernseher hervorzulocken als durch ein Zelt mit langer Ansprache und Posaunenchor? Der Vorstand entschied logisch: Ein Rockkonzert ist im Zelt unmöglich, dazu müsste man eine örtliche Halle anmieten. Und da sie die „Süddeutsche Zeltmission „und nicht die „Süddeutsche Sporthallen-Mission“ waren, wurde der Vorstand abgelehnt. Dazu kamen berechtigte geistliche Überlegungen: Ist Rockmusik christlich? Ist es fair, jemand eine Missionsveranstaltung als Rockkonzert zu verkaufen, also den wirklichen Grund der Einladung ein bisschen in den Hintergrund zu schieben, damit die Jugendlichen kommen?

Nach zwei Jahren verließ Meyer frustriert das Werk. Bei den vielen Gremien, die mit altehrwürdigen, weisen Brüder im Herrn besetzt waren, die ihre Aufgabe treu im Gebet sehr ernst nahmen, war er mit seinen ketzerischen Vorstellungen nicht durchgekommen.
Um seine Vision weiterzuführen, gründete er 1996 die „Werkstatt für Eventmission“. Er hatte ein paar junge Familien gefunden, die ihn soweit finanziell unterstützten, dass er Leben konnte. Doch die großen finanziellen Möglichkeiten seiner alten Firma hatte er nicht. Er hatte kein Sekretariat mehr, und er musste auch mehr Arbeiten als die 8 Stunden, in denen er sonst im Büro war – während dieser Zeit konnte er sich Weiterbilden, Lesen und die Bibel studieren. Nun telefonierte er den ganzen Tag, fuhr mit einem alten Ford Transit die Lautsprecheranlage durch die Gegend, organisierte die Arbeit der Freiwilligen – und das alles hielt ihn 12 Stunden am Tag auf Trab. Erst spät abends kam er zum Bibellesen und dem Vorbereiten der Evangelisationsansprache. Sogar das Fundraising machte er selber – zusammen mit seiner Frau, die die Adressdatenbank pflegte und die Spenden verbuchte. So arbeitete er mit etwa 5 Band zusammen, mit denen er in einem Jahr 62 Missionsabende durchführte. Zahlreiche Jugendliche kamen zum Glauben. Zusätzlich predigte er in 20 Jugendgottesdiensten und war bei anderen Festivals vertreten.

Im zweiten Jahr hatte er viermal so viele Spenden wie im ersten Jahr. Zahlreiche Spender wechselten von der Süddeutschen Zeltmission zur „Werkstatt für Eventmission“. Warum? Weil dort ihre Spende wesentlich mehr bewirkte.

Sie können sich denken, wie die Geschichte weiterging: Die Süddeutsche Zeltmission wurde immer kleiner, bis sie sich 2010 ganz auflöste und ihre letzten beiden Zelte der „Werkstatt für Eventmission“ schenkte.

Was war geschehen?

Statt wie ihr Gründer Fritz Diefenbach darauf zu schauen, was gerade dran ist, und das ohne viel Aufhebens einfach umzusetzen, hatte die Süddeutsche Zeltmission an Diefenbachs Methoden festgehalten – anstatt an seinem Unternehmergeist. Das Missionswerk war groß, satt und schwerfällig geworden. Zu viele Leute teilten sich die Arbeit. Und: Zu viele Leute teilten sich die Verantwortung. Zu viele Leute sprachen und dachten mit und dies verminderte die Handlungsfähigkeit. Während am Ende die Kosten bei der Zeltmission so hoch waren, dass der Aufwand pro Besucher bei 800 Euro lag, kostete der einzelne Besucher bei „Werkstatt für Eventmission“ nur 40 Euro. Also bewirkte der gleiche Betrag dort das zwanzigfache!
Nur durch den Wettbewerb, der durch das neue Werk entstand, konnten die Kosten sinken und die Arbeit im Reich Gottes wieder effektiver werden. Das neue Werk arbeitete günstiger und effektiver und deshalb war es möglich, mehr Menschen zu erreichen. Wir müssen uns immer im Klaren sein: Denn Tradition zu bewahren heißt nicht Asche aufzuheben, sondern eine Flamme am Brennen zu halten. Das war nur ein schlechtes Beispiel.

Ein weiteres, das den Gedanken noch deutlicher macht: Nehmen wir an, es gibt zwei Werke, die beiden die gleiche Leistung erbringen, z.B. Bibeln in Hotels verteilen. Wenn – bei wohlgemerkt gleicher Qualität der Arbeit – das eine Werk für 100 Euro fünf Bibeln in Hotels auslegt, beim anderen Werk für 100 Euro 20 Bibeln ihren sicheren Weg ins Hotelzimmer finden, wem würden Sie dann geben? Natürlich dem Werk, das 20 Bibeln auslegt.

Was wäre die Folge? Wenn beide Werke gleich gut ihr Anliegen kommunizieren würden, würde das erste Werk langfristig weniger Spenden bekommen. Dann hätten die Verantwortlichen zwei Möglichkeiten: Entweder sie schließen das Werk. Oder sie strengen sich an und werden besser, so dass sie nun vielleicht für 100 Euro 30 Bibeln verteilen können. Beides würde dem Reich Gottes weiterhelfen. Den beim ersten mal würde ein Bibelwerk einem besser arbeitenden Bibelwerk kein Geld mehr wegnehmen. Und beim zweiten Mal würde es dafür sorgen, dass nun noch mehr Bibeln für weniger Geld verteilt werden können.

Natürlich weiß ich, dass dies ein sehr zugespitztes Beispiel ist. Im Reich Gottes bestimmt Gott den Erfolg. Der lässt sich nicht immer quantitativ ausdrücken und ist auch nicht immer für uns Menschen sichtbar. An dem einfachen Beispiel „Bibeln in Hotelzimmer“ gehen wir jedoch von gleicher Qualität der Arbeit aus, nur erzielen die beiden Werke unterschiedliche Leistung. Mit diesem Beispiel möchte ich zeigen, wie unter Umständen ein Wettbewerb zwischen den Werken um die beste Mittelverwendung dem Reich Gottes zu Gute kommt.

„Mag sich ja nach 'menschlicher Vernunft' ganz plausibel anhören“, werden manche nun einwenden, aber gegen dieses scheinbar unchristliche „Effektivitätsdenken“ das Gleichnis vom verlorenen Schaf aus Lukas 15 anführen, bei dem Jesus dazu sagt, wie groß die Freude im Himmel auch über nur einen einzigen Sünder ist, der Buße tut. Einen einzigen! Was von vielen Missionswerken immer wieder gesagt wird: Wenn wir nur einen einzigen Menschen für Jesus gewinnen, dann hat sich der ganze Aufwand schon gelohnt. Dem ist natürlich nicht zu widersprechen.

Trotzdem haben wir auch die vielen Stellen in der Bibel in Betracht zu ziehen, in denen Gott deutlich macht, dass es ihm durchaus nicht nur um unsere Bemühung, sondern auch um unsere Frucht geht. Ein Beispiel dafür ist das des Weinstocks, welches sich durch die ganze Schrift zieht. Angefangen von Jesaja 5, wo Gott Israel mit einem Weinberg ohne Frucht vergleicht bis hin zu Jesu Gleichnissen, in denen er klar sagt, dass die Axt schon die Wurzel der Bäume gelegt ist, die keine Frucht bringen (Lukas 3,9 oder Johannes 15, 2).

Noch deutlicher wird Jesus im Gleichnis von den anvertrauten Geldern (Lukas 19, 11-24): Wir dürfen keine Besitzstandswahrer sein, dieses Denken verurteilt Jesus. Wir sollen die Dinge, die uns anvertraut sind, so einsetzen, dass sie maximale Frucht bringen! Und wie dieses Gleichnis besonders zeigt, gehört dazu Mut und Unternehmergeist!

3.8.06

Das sogenannte Glaubensprinzip der "Glaubensmissionen"

„Nach Geld fragen ist unchristlich, habt Ihr den kein Vertrauen in Gottes Versorgung?“, ist eine Frage, der wir uns zuweilen stellen müssen, wenn wir uns mit diversen Marketing-Techniken um Geld für Gottes Reich bemühen. Begründet wird dieser Vorwurf meist mit einem Verweis auf die Vögel unter dem Himmel, die uns Jesus als Beispiel gegeben hat, und die unser Vater doch auch einfach so versorgt. Dazu kommen dann noch praktische Beispiele von wahrhaft christlichen Werken und Einrichtungen, die ihre Versorgung nur aus dem Glauben erhalten würden, die sogenannten „Glaubensmissionen“.

Eigentlich könnte ich gleich zurückfragen: „Arbeiten Sie für Geld? Das ist aber unchristlich, haben Sie denn kein Vertrauen auf Gottes Versorgung?“ Das würde sofort aufdecken, was derjenige, der so fragt, nicht verstanden hat.

Dabei ist die Bibel voll von Beispielen, wie Gottes Sache auf Erden geschieht, indem Gott durch Menschen handelt, die auch wieder von Menschen dazu eingeladen werden. Egal ob Moses Sammlung für die Stiftshütte oder die Sammlung von Nehemia zum Wiederaufbau Jerusalems – immer wurde aktiv um Gaben gebeten. Ja, dieses Geben für Gott nahm zeitweise die Züge fast einer Steuerabgabe an. Trotzdem wird zu eindringliches Fragen oft – natürlich teilweise auch zu Recht -. sehr kritisch gesehen.

Was würden wir zum Leiter eines christlichen Missionswerkes sagen, der in seinem Spendenbrief schreibt: Wenn Sie uns spenden, erhalten sie von Gott einen ganz besonderen Segen. Was sie uns jetzt spenden, dass wird Gott ihnen tausendfach zurückgeben. Außerdem, liebe Gemeinde in Soundso, habe ich einer anderen Gemeinde erzählt, das Ihr so viel geben würdet. Wollt Ihr das Positive, was ich über Euch erzählt habe, auch einhalten? Wenn ihr nicht viel gebt, wäre das sehr blöd. Ich müsstet Euch schämen, wenn Ihr auf diesen Brief nicht wirklich viel spendet! Deshalb prüft und gebt viel Geld auf diesen Brief. Und denkt dran: Gott wird Euch das, was ihr spendet, tausendfach zurückgeben! Wer wenig spendet, wird auch wenig von Gott bekommen. Das wollt Ihr doch nicht, oder?“

Der Verfasser dieses Briefes müsste ich zu Recht einige Kritik anhören. Der Brief kommt allerdings nicht von irgend einem skupellosen christlichen Fundraiser, obwohl hier einige psychologischen, an Manipulation grenzende Überzeugungstechniken angewendet werden – sondern vom heiligen Paulus selbst, nachzulesen in 2. Korinther 8 und 9.

Wie man auch immer zu diesem Brachialfundraisingbrief von Paulus stehen mag, eine Behauptung lässt sich dadurch nicht mehr aufrecht erhalten: Dass direktes fragen nach Geld unbliblisch wäre.

Übrigens ist die Sache mit der sogenannten „Glaubensmission“ umstritten. Der Pressesprecher des Bunds Freier evangelischer Gemeinden, Dr. Arndt Elmar Schnepper, hat sich das „sogenannte Glaubensprinzip der Glaubensmissionen“ in seiner Doktorarbeit vorgenommen.

Darin weist er nach, dass auch die sogenannten Glaubensmissionen das „Glaubensprinzip“ nicht in letzter Konsequenz durchziehen konnten: „Entweder kommt es bei den ältesten deutschen Glaubensmissionen gar nicht zur Anwendung des sogenannten Glaubensprinzips (China-Allianz-Mission) oder es wird flexibel gedeutet (Liebenzeller Mission) oder aber die Praxis wird wegen defizitärer Praktikabilität im späteren Verlauf aufgegeben (Neukirchner Mission)“.

Das gleiche weist er auch dem mittlerweile sehr mythologisierten Georg Müller nach, der die Glaubensmission für seine englischen Waisenhäuser durch seine Vortragsreisen berühmt machte. Dieser hätte sehr wohl Spendenwerbung gemacht, nur eben auf indirekte Weise. Schnepper: „Man vergegenwärtige sich einen Georg Müller, der sein Leben lang durch Europa und die halbe Welt reiste und überall von seinen Waisenhäusern berichtete, die sich ohne Werbung alleine durch Gebet finanzierten. Das war Werbung – nur eben auf einem recht hohen Niveau“.

Nicht unkritisch kann man Müllers Absicht einordnen, durch die Versorgung der Mission nur durch Glauben Gottes Existenz und Wirken der Welt gegenüber zu beweisen. Zu empirischen Gottesbeweise dieser Art lässt sich Gott erfahrungsgemäß ungern einspannen.